Heiligsprechungsprozess

Lebenslauf des Jan Bula

Kindheit und der Weg zum Priestertum

Jan Bula wurde am 24. Juni 1920 den Eltern Marie und Antonín Bula in Lukov bei Moravské Budějovice geboren. Er wurde noch an demselben Tag getauft, in der Pfarrkirche des Hl. Johannes dem Täufer, wo eben Weihung der Kirche diesem Märtyrer gefeiert wurde, getauft. Johannes der Täufer wurde auch zum Taufpatron des kleinen Jan.

Trotz den bescheidenen Verhältnissen ermöglichten die Eltern dem Jan, nach der Beendigung der Schule in das Gymnasium in Moravské Budějovice einzutreten. Im Juni 1939 legte er mit Erfolg die Maturitätsprüfung ab, und ist in das Priester Alumnat (Seminar) in Brno eingetreten. Wegen den Kriegsgeschehen mussten viele Theologen ihre Studien unterbrechen und wurden auf Zwangsarbeiten angesetzt. Auch Jan Bula wurde am Anfang Jahres 1943 in die Keramische Werke, Ort Vranovská Ves, geschickt, zurück kehrte er im Mai 1944, um sein Theologiestudium fortzusetzen, welches er dann im folgenden Jahr beendete.

Dann kam das lang erwarte Ende des Weltkrieges und am 29. Juli 1945 wurde Jan Bula von dem Bischof Stanislav Zela zum Priester geweiht. Seine erste heilige Messe – die Primiz – zelebrierte er in seinem Geburtsort Lukov. Im August 1945 wurde er Kooperator (Kaplan) in Rokytnice nad Rokytnou genannt. Außer dem Priesterdienst hat er sich aktiv ins öffentliche Leben eingereiht. Er war Erzieher in dem Turnverein Orel (der Adler), half bei den Unternehmen dieser katholischen Sportorganisation und auch bei den Vorstellungen der Laienbühne. Wenn es ihm die Zeit ermöglichte, rückte er in die Umgebung, in die Natur heraus und malte. Wegen seinem fröhlichen und gutherzigen Wesen war er allgemein sehr beliebt. Die vielleicht meiste Beliebtheit errang er unter der hiesigen Jugend und den Kindern, welchen er sich am meisten und sehr intensiv widmete.

Im Juli 1949 starb in Rokytnice der Pfarrer Stanislav Lakomý und Jan Bula wurde Administrator dieser Pfarrei genannt. Bald darauf hat mit den Restaurationsarbeiten an der Kirche in Rokytnice angefangen.

Zum Priester nach Februar 1948

In dem Zeitabschnitt nach dem Krieg kam es in der Gesellschaft zu großen Änderungen. Die politische Stimmung unterlag dem Nachkriegsradikalismus, neigte nach links und in den Wahlen im Jahr 1946 gewann die Kommunistische Partei (KSČ). Trotzdem es auf den ersten Blick nicht ersichtlich war, wurde von den Kommunisten die Übernahme aller Macht in der Republik vorbereitet. Nach einer plötzlichen Regierungskrise im Februar 1948 kam es zu einem Umsturz, mit dem Ziel die kommunistische Diktatur einzuführen. Um diese Zeit begann sich die harte Position des kommunistischen Regime gegen die katholische Kirche durchzusetzen. Es kam zur Einschränkung und später sogar Einstellung der katholischen Presse, Liquidation der Vereine und kirchlichem Schulwesen, Konfiskation des Kirchenvermögens und darauf folgte direkte Verfolgung der Geistlichen.

Die von den Kommunisten durchgeführten Schritte zielten zum Aufbau einer nationalen, vom Staat kontrollierten Kirche, und sollten Uneinigkeit zwischen die Bischöfe, Priester und die Gläubigen säen. Dazu sollte auch außer anderem die neu gegründete, Katholische Aktion, genannt (KA) führen, welche “die fortschrittlichen Katholiken“ zusammenführte. Die konstituierende Versammlung der vom Staat organisierten KA wurde im Juni 1949 in Prag abgehalten. Es wurde eine Erklärung herausgegeben, mit der Aufgabe, das Verhältnis des Staates und der Kirche im Geist von Zusammenleben und Mitarbeit zu lösen. Die Tatsache war aber anders: Vom heiligen Offizium wurde diese so genannte Katholische Aktion als spaltende Bewegung verurteilt. Die kommunistischen Funktionäre bemühten sich aber, unter das Manifest der KA die Unterschriften einer wo möglich größten Mehrheit der Geistlichen zu bekommen. Deshalb besuchten sie auch die Pfarrei Rokytnice. Weder der Herr Kaplan Bula noch der Herr Pfarrer Lakomý konnten mit der Erklärung der KA ohne Einwendungen nicht einverstanden sein, wünschten sich aber, dass zwischen dem Staat und der Kirche zum Einvernehmen kommt. Unter diesem Vorwand wurden ihre Unterschriften errungen. Nach Festlegung des tatsächlichen Standes der Sache haben sie ihre Unterschriften sofort abgerufen und erklärten ihre Treue dem Brünner Bischof Karel Skoupý.

Die Bischöfe in der Tschechoslowakei versuchten die Gläubigen mit Hilfe von Hirtenbriefen über die derzeitige Lage in der Kirche zu informieren. Am Sonntag den 19. Juni 1949 wurde der Umlaufsbrief an die katholischen Geistlichen und das glaubende Volk, eine Woche später danndie Stimme der Bischöfe und Ordinarier den Gläubigen in der Stunde der schweren Prüfung von den Kanzeln vorlege.

Am Morgen den 19. Juni 1949 besuchten Jan Bula die kommunistischen Funktionäre und der Wachtmeister des Korps der nationalen Sicherheit (der Polizei) und forderten ihn auf, den Hirtenbrief nicht zu lesen. Zwei drittel aller Priester wurden auf einmal ängstig vor einem möglichen Regress seitens der Republik – dem Staat – und haben dann den Umlaufsbrief nicht vorgelesen.

Jan Bula hatte ihn doch vorgelesen und außerdem noch einen Kommentar beigefügt, in welchem er die Umstände, wie die Unterschriften unter KA doch zu bekommen wären, erklärte. Zum Schluss wurden die Pfarrmitglieder zur Treue Christie und der Kirche aufgefordert. Der Priester Jan Bula wurde dann für diese Worte und für das vorlesen des Umlaufbriefes mit einer Geldbuße betroffen, später dann noch zusätzlich zu einem Monat unbedingter Strafe verurteilt. Er hat sich gegen dieses Urteil abberufen, aber seine Verfolgung wurde durch die, von dem Präsidenten der Republik Ende Oktober 1949 erteilte Gnade eingestellt. Die vom Präsident erteilte Gnade berührte alle Priester, die für das lesen des Umlaufsbriefes betroffen wurden, war aber nur ein demonstrativer Schritt, welcher die Öffentlichkeit über Entgegenkommen des Regime der Kirche überzeugen sollte. Selbstverständlich war es aber nicht so, wie Präsident Gottwald einige Monate früher erklärte:„Die Kirche ist zu neutralisieren und sie in eigene Hände so zu bekommen, dass sie dem Regime dient!“.

Die kommunistische Partei bemühte sich am Anfang der fünfziger Jahre namentlich um Liquidation der Kirche und Kollektivierung der Landwirtschaft. Aber die Bemühungen trafen auf Widerstand der Einwohner, welchen nicht nur Boden und Gut, sondern auch der Glauben weggenommen wurde. Auf südöstlichem Rand der Böhmisch-Mährischen Höhung haben gegen das neu entstehende Regime die Leute angefangen, sich zu erheben, die schon an der antinazistischen Abwehr im 2. Weltkrieg teilgenommen haben. Auch in den Bezirken Třebíč und Moravské Budějovice wurden Abwehrgruppen gegründet, die aber schon 1950 der Kontrolle der kommunistischen Geheimpolizei – StB – dem Staatlichen Sicherheitsdienst unterlagen.

Ein langjähriger Mitschüler erscheint

Am Anfang des Jahres 1951 tauchte in der Umgebung der Stadt Třebíč ein gewisser Ladislav Malý auf, welcher im Jahr 1949 zu ungeklärten Umständen aus der Tschechoslowakei nach Österreich verschwand. Dort meldete er sich zu dem Amerikanischen Nachrichtendienst – Counter Intelligence Corps (CIC)und bekam die Aufgabe, mit Emigranten aus der Tschechoslowakei zu verkehren. Dabei aber veruntreute er angetrautes Geld und kehrte in die Tschechoslowakei zurück. Bis heute wurde nicht zuverlässig geklärt, wer eigentlich der Ladislav Malý war, ob es sich um einen Abenteurer oder um einen Provokateur und Mitarbeiter der Staatlichen Sicherheitsdienste (StB) handelte. Offensichtlich aber ist, dass er nicht Kapitän der CIC war, wie er selbst über sich erklärte, und dass ihn kein solcher Nachrichtendienst in der Umgebung von Třebíč mit Aufgaben versorgte. Viele Taten des Ladislav Malý waren mindestens indirekt von der StB geformt.

Am 25. Februar 1951 besuchte Malý seinen gewesenen Mitschüler Bula auf der Pfarrei in Rokytnice. Er erzählte ihm einige Fabeln über seine Arbeit und ersuchte um Unterkunft für diese Nacht. Am anderen Tag teilte er ihm eine andere Lüge mit, mit deren Hilfe er auf eine gewisse Zeit sein Vertrauen erwarb. Er erzählte nämlich eine Geschichte über die Entführung des Prager Erzbischof Josef Beran, welchen er mit seinen Mitarbeitern aus der Internation befreite (die Wahrhaftigkeit dieser Nachricht bekräftigte der Rundfunk-Nachrichtendienst, der über die Überführung, des internierten Erzbischof berichtete). Der Wunsch des Erzbischof Beran sollte angeblich sein, dass vor einer längeren Reise ein zuverlässiger Priester seine Beichte hört. Auch diesen Wunsch konnte der Priester Jan Bula nicht ablehnen und einigte sich mit Ladislav Malý über einen Besuch bei dem Erzbischof.

Während den Monaten März und April besuchte „Kapitän“ Malý die Pfarrei in Rokytnice noch einigemal. Wenn der geplante Besuch des Erzbischofs verlegt wurde, begriff Jan Bula, dass es nur um eine Dichtung des Herrn Malý geht. Interdessen aber gelang es dem Herrn Malý unter die örtlichen Regimgegner einzudringen, er kompromittierte viele Leute mit seinen Besuchen und zugeschickten Briefen und begann, sie zu bewaffneten Tätigkeiten und Sabotage aufzufordern. Damit war Jan Bula nicht einverstanden und ersuchte ihn wegzugehen und nicht noch weitere Leute in Unglück zu bringen.

Verhaftung und Gefangenschaft

Die Polizei verfolgte den Raum um die Stadt Třebíč längere Zeit. Wenn es bei einer von Ladislav Malý im Ort Heraltice hervorgerufenen Einschüchterungsaktion zur Schießerei kam, konnten sie sofort umfangreiche Verhaftungen tätigen. So wurde auch am 30. April 1951 der geistliche Jan Bula festgenommen. Die durchgeführte Untersuchung der Pfarrei bezeugte keine Anwesenheit von Schuld bezeichnendem Material. Die Nachricht für die Untersuchungsabteilung führt aber klar an: „Schon nur das, da er ein junger, erst nach der Revolution 1945 geweihter Priester ist, ist für uns ein genügender Beweis, dass in ihm ein hartnäckiger Gegner der Volksdemokratischen Staatseinrichtung verborgen ist. Im gegebenen Fall, wenn gegen den genannten Verdacht aus staatswidrigen Taten besteht, nützen wir doch diese Gelegenheit und befreien wir einen Parasit von dem Einfluss auf die Arbeiterklasse, die ihn ernähren muss.“

Der Priester Jan Bula erkannte im Lauf der letzten zwei Monate den Charakter des Ladislav Malý, trotzdem war er am Anfang der Untersuchung entschieden, ihn nicht zu verraten. Er war sich selbst nämlich klar bewusst, dass der „Kapitän“ zu viele Leute kompromittiert hat. Die Vernehmungen wurden sofort vorgenommen und bei nutzen der heute zu gut bekannten Methoden von physischem und psychischem quälen die Zugehörigen des Staatlichen Sicherheitsdienstes erreichten, dass schon das zweite Protokoll den Namen von Ladislav Malý enthält. Jan Bula sagte nicht nur über die Tätigkeit dieses Mannes aus, aber auch davon, wie er sich bemühte ihm in seinem Benehmen zu hindern. Der Staatliche Sicherheitsdienst aber begann das Szenarium der Geschehnisse selbst zu bilden, welches faktische Tatsachen, Halbwahrheiten sowie auch ausgesprochene Lügen enthielt. Am Anfang Juni war schon ein Fragenprotokoll des Jan Bula ausgearbeitet, der nur sehr wenig davon beinhaltete, was wirklich geschehen war. Der Fragebogen sollte nämlich dazu dienen, dass der Angeschuldigte durch Drang zum lesen der selbstbeschuldigenden Sätze dann gut seine „Rolle“ für den vorbereiteten Prozess kennenlernt.

Das Szenarium veränderte sich am 2. Juli 1951 durch die nächtlichen Geschehnisse in Babice. Ladislav Malý hat damals in der Schule in Babice kommunistische Funktionäre erschossen. Trotzdem, dass der Staatliche Sicherheitsdienst in dem Raum Třebíč schon lange vor diesem Geschähen in Babic wirkte, und sich ein Netz aus eigenen Mitarbeitern zusammenstellte, haben sie den Ladislav Malý nicht erwischt. Im Gegenteil wurde ihm ermöglicht, diese Tat auszuführen, welche dann politisch gehörig genützt wurde. Der dreifache Mord ermöglichte, dass die folgenden Gerichts-Verhandlungen nicht so, wie die anderen damaligen politischen Prozesse der fünfziger Jahre – auskonstruiert – wirkten.

Es war nötig den Täter der Untat rasch zu bezeichnen und exemplarisch die Personen zu bezeichnen, welche über ihre Tätigkeit etwas wussten und dem Regime unbequem waren. Ladislav Malý wurde schon am 3. Juli 1951 bei einer Verhaftungs-Aktion erschossen. Von den festgenommenen Personen wurden die ersten sechzehn Leute der angeschuldigten „Widerstandskämpfer“ in eine Gruppe zusammengestellt, in welche auch Jan Bula eingereiht wurde. Über die Inszenierung der ersten gerichtlichen Verhandlung gegen die „ Aufrührer“ verhandelte das politische Sekretariat des Zentralausschusses der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei in Prag, welches entschied, wer in einigen Tagen zum Tod verurteilt wird. Der Priester Jan Bula, festgenommen schon Ende April, wurde in den zweiten „Babice-Prozess“ eingereiht. In der Strafanzeige steht: „Als Hauptperson… kann der Pfarrer Jan Bula eingereiht werden, weil dieser auf seiner priesterlichen Stelle einen großen Einfluss auf die Mehrzahl der Gläubigen hatte.“ Seine gegen den Staat gerichteten Handlungen sollten mit dem Verteilen von antikommunistischen Flugblättern angefangen haben, fortgesetzt wurde mit vorlesen der Umlaufschreiben und den Höhepunkt damit erreichen, dass er seinen gewesenen Mitschüler Malý nicht angezeigt hat. Er ließ ihn mehrere Male auf der Pfarrei übernachten, vermittelte ihm einen Unterschlupf in den umgebenden Hegerhäusern und zeigte ihn nach dem Überfall von Heraltice nicht an, wodurch er die Straftat Hochverrat ausüben sollte. Die Anklage hat umgekehrt überhaupt keine Aufmerksamkeit der angeblichen Entführung des Erzbischof Beran gewidmet, weil diese Geschichte nur eine Provokation für das Miteinbeziehung der Priester in das Spiel der StB (der Staatliche Sicherheitsdienst) sein sollte.

Der Gerichtsprozess, die Hinrichtung

Der Gerichtsprozess gegen die Gruppe Bula und Ges. wurde für den 13. – 15. November 1951 vorbereitet. Am letzten Tag der Verhandlung wurde das Urteil kundgegeben, über das Urteil war schon vor der Prozess-Eröffnung entschieden. Nach diesem Urteil wurde Jan Bula zur Todesstrafe verurteilt,denn„er hat das Vertrauen, welches er als Geistlicher unter den Gläubigen erlebte, zur verbrecherischen Tätigkeit missbraucht, und die religiöse Überzeugung der glaubenden Pfarrangehörigen zur Unterstützung der Banditen und Mörder missbraucht.

Das Abberufungsverfahren verlief mit einem abweisenden Resultat. Mit einem Verneinung-Resultat verlief auch die Abstimmung über die Empfehlung zum Erlangen der möglich zu erteilenden Präsidenten-Gnade. Die Gerichtsmaschinerie war beendet. Jan Bula erwartete die Ausführung des Todesurteils. Einen Tag vor der Hinrichtung, am 19. Mai 1952 wurde ihm erlaubt Abschiedsbriefe den Verwandten und nahen Bekanten zu schreiben. In den Briefen aus der Todeszelle reflektiert seine Gewogenheit: Gott der Herr hat mir ein kurzes Leben ausgemessen. Aber ich glaube, dass es nicht unnütz war. Es freut mich heute, dass ich ihm gedient habe und dass ich sein Diener blieb bis zum Ende. Ich gehe mit ihm versöhnt fort.In den Morgenstunden am 20. Mai 1952 wurde Jan Bula auf dem Hof der Iglauer Strafanstalt gehängt hingerichtet. Sein Körper wurde verbrannt und die Urne mit der Asche auf einem unbekannten Ort aufbewahrt, offensichtlich auf dem Zentralfriedhof in Brünn.